Vor dem Hintergrund der Aufklärung, der französischen Revolution von 1789 und den damit verbundenen Errungenschaften startete auch in Deutschland, allerdings erst im Jahre 1848, eine Revolution.

Zuvor hatten die Fürsten während der Zeit der Restauration nach den napoleonischen Kriegen Freiheitsbestrebungen des Volkes unterdrückt und stets das monarchische Prinzip – alle Staatsgewalt geht vom Fürsten als souveränem Herrscher aus – betont. Die Liberalen Deutschlands jedoch traten, obwohl durch die Zwangsmaßnahmen der Karlsbader Beschlüsse von 1819 bedroht, weiter für Freiheit, Selbstbestimmung des Individuums, Einschränkung der fürstlichen Macht, Beteiligung an politischen Prozessen und nicht zuletzt für einen deutschen Nationalstaat ein.

Die revolutionären Ereignisse erreichten zunächst das Großherzogtum Baden. Dort formulierte die Mannheimer Volksversammlung am 27. Februar 1848 die „Märzforderungen“, darunter Rufe nach Volksbewaffnung, Pressefreiheit, Geschworenengerichten und einem deutschen Nationalparlament. Diese Forderungen waren innerhalb weniger Tage in fast allen anderen Staaten des Deutschen Bundes zu hören, erhielten Unterstützung in weiten Teilen der Bevölkerung und führten zu Demonstrationen und Straßenkämpfen.

Die Fürsten in den deutschen Staaten gaben dem Druck schließlich nach: Die Einberufung einer Nationalversammlung wurde zugelassen.

In allen Staaten des Deutschen Bundes wurden Wahlen durchgeführt, bei denen die volljährigen Männer nach dem allgemeinen und gleichen Mehrheitswahlrecht wählen durften, nicht jedoch Frauen. Am 18. Mai 1848 trat das erste gesamtdeutsche Parlament in der Frankfurter Paulskirche zusammen.  Etwa zwei Drittel der rund 600 Abgeordneten schlossen sich in Interessensgruppen zusammen: Konservative Rechte (6 Prozent der Abgeordneten), konstitutionell-liberales rechtes Zentrum (34 Prozent), parlamentarisch-liberales linkes Zentrum (13 Prozent) und demokratische Linke (15 Prozent). Diese Gruppierungen wurden zu Vorformen der nach 1860 entstehenden Parteien.

 

Die Abgeordneten der Paulskirche befassten sich mit drei Hauptfragen:

  1. Die Frage der Grundrechte

Gemeinsam war allen Fraktionen der Wille, die „Grundrechte des deutschen Volkes“ zu schaffen: Gleichheit aller vor dem Gesetz, die Aufhebung aller Standesvorrechte, die Gewährleistung persönlicher und politischer Freiheitsrechte (wie zum Beispiel Meinungs-, Presse-, Religions-, Versammlungs- und Gewerbefreiheit, Vereinsrecht, Freizügigkeit) sowie die Abschaffung der Todesstrafe.

  1. Einigung auf eine Staatsform

Sollte ein konstitutionelle Monarchie für das ganze Deutschland geschaffen werden, eine parlamentarische Monarchie oder sogar eine Republik? Sollte es ein Einheitsstaat mit starker Zentralgewalt sein oder ein Bundesstaat mit weitgehender Selbstständigkeit der Einzelstaaten?

  1. Entscheidung zwischen „kleindeutscher“ und „großdeutscher“ Lösung

Der Deutsche Bund war seit 1815 vom Dualismus der Großmächte Preußen und Österreich geprägt gewesen. War eine Nationalstaat mit diesen beiden Rivalen möglich? Konnte man, um der nationalen Idee willen, lediglich die deutschsprachigen Teile der Habsburgermonarchie in einen deutschen Nationalstaat integrieren (= „großdeutsch“)?

Die Staatsform, auf die man sich einigte, war eine „kleindeutsche“ (das heißt, ohne die deutschsprachigen Teile der Habsburgermonarchie), bundesstaatlich organisierte, konstitutionelle Erbmonarchie. Der preußische König Friedrich Wilhelm IV. sollte "Kaiser der Deutschen" werden. Er lehnte jedoch die ihm von der Nationalversammlung angetragene Kaiserkrone ab, weil er sich der Idee der Volkssouveränität nicht beugen wollte. Kurz darauf beriefen die Mächte Österreich, Bayern und Preußen ihre Abgeordneten aus Frankfurt ab. Nach Auflösung der Nationalversammlung wich ein „Rumpfparlament“ im Mai 1849 nach Stuttgart aus, das jedoch schon nach kurzer Zeit vom Militär auseinandergetrieben wurde. Aufstände in Baden, der Pfalz und im Rheinland wurden noch 1849 von preußischen Truppen niedergeschlagen. Den Revolutionären drohten Zuchthausstrafen und Erschießungen. Es folgte die Zeit der Reaktion, in der die Fürsten ihre Herrschaft „von Gottes Gnaden“, nicht „von Volkes Gnaden“, erneuern konnten. Viele enttäuschte Bürger wanderten in der Folge nach Amerika aus, andere kapitulierten vor den realen Machtverhältnissen.

 

Alles umsonst?

Nun kann man sich die Frage stellen, ob damit „alles umsonst“ war. Schließlich waren die Bemühungen der Paulskirche um eine gesamtdeutsche Verfassung und um die Gründung eines deutschen Nationalstaats 1849 vollständig gescheitert. Hierzu ein Zitat von der Webseite des Deutschen Bundestages, das diese wichtige Frage beantworten kann:

„Trotz des Scheiterns der Frankfurter Nationalversammlung und ihres Vorhabens, Deutschland im Rahmen einer parlamentarisch-demokratischen Verfassung zu einigen, gehören die Grundrechte des deutschen Volkes zu den Leistungen des Paulskirchenparlaments, die eine fortwirkende Bedeutung behalten haben und eine Vorbildfunktion für spätere Verfassungen hatten. Sowohl die Weimarer Verfassung als auch das Grundgesetz und die Verfassungen der Bundesländer beruhen in ihren Abschnitten über Grundrechte auf diesem Rechtekatalog.“[1]

Magdalena Anderlik und Kristina Schnabl


Verwendete Literatur

Monographien:

Bernlochner, Ludwig et al., Geschichte und Geschehen Band 3, Ernst Klett Schulbuchverlag, Leipzig 2007, S. 57 – 59, S. 62 – 63, S. 66 – 68, S. 70 – 71.

Internetressourcen:

https://de.wikipedia.org/wiki/Bundeswahlgesetz_(Frankfurter_Nationalversammlung) (letzter Zugriff: 10.06.2020)

https://www.bpb.de/izpb/9879/vorparlament-und-paulskirche (letzter Zugriff: 10.06.2020)

https://www.bpb.de/izpb/9875/maerzrevolution-und-liberalisierung (letzter Zugriff: 10.06.2020)

https://www.bpb.de/izpb/9892/scheitern-eines-traumes?p=0 (letzter Zugriff: 10.06.2020)

https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2018/kw50-kalenderblatt-1848-584354 (letzter Zugriff: 10.06.2020)

https://learnattack.de/schuelerlexikon/geschichte/frankfurter-nationalversammlung (letzter Zugriff: 10.06.2020)

https://www.youtube.com/watch?v=__rxabzOJHs (letzter Zugriff: 10.06.2020)

 


[1] https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2018/kw50-kalenderblatt-1848-584354

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