Das Europäische Parlament, kurz EU-Parlament oder EP, ist das einzige direkt von den Bürgerinnen und Bürgern der EU gewählte Gremium der Europäischen Union. Es bildet zusammen mit dem Rat der Europäischen Union („Ministerrat“) die Legislative, hat (ebenfalls zusammen mit dem Rat der EU) das Haushaltsrecht, arbeitet mit den Parlamenten der Mitgliedsstaaten zusammen, kontrolliert die anderen EU-Organe und versucht, die Menschenrechte in der EU und in der gesamten Welt durchzusetzen.

Die Anfänge der heutigen Europäischen Union liegen in der „Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl“, kurz „EGKS“ oder auch „Montanunion“. Diese ging auf einen Vorschlag des französischen Außenministers Robert Schuman aus dem Jahre 1950 zurück, sollte eine wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen Frankreich und Deutschland begründen und damit, nach der Katastrophe von zwei Weltkriegen, eine neue politische Gegnerschaft verhindern helfen. Teil der EGKS, der schließlich neben Frankreich und Deutschland auch die Benelux-Staaten und Italien angehörten, war die „Gemeinsame Versammlung“. Ihre 78 Mitglieder waren Abgeordnete der nationalen Parlamente und von diesen ernannt, hatten also ein Doppelmandat inne. Nach der Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und der Europäischen Atomgemeinschaft (Euratom) in den Römischen Verträgen (1957) wurde die Gemeinsame Versammlung der EGKS auf alle drei Gemeinschaften ausgeweitet. Sie umfasste damals 142 Abgeordnete und hielt ihre konstituierende Sitzung am 19. März 1958 in Straßburg als „Europäische Parlamentarische Versammlung“ ab. Am 30. März 1962 wurde sie in „Europäisches Parlament“ umbenannt.

Seitdem hat das EU-Parlament von den Mitgliedsstaaten immer mehr Befugnisse zugesprochen bekommen, zuletzt durch den Vertrag von Lissabon 2009. Es wählt (auf Vorschlag des Europäischen Rates) den Präsidenten oder die Präsidentin der EU-Kommission, darf Untersuchungsausschüsse einrichten und einen Misstrauensantrag gegen die EU-Kommission stellen. Der größte Unterschied zwischen den nationalen Parlamenten und dem EU-Parlament ist, dass das EU-Parlament Gesetze nur verabschieden, jedoch nicht initiieren darf. Ein Gesetz durchläuft im EU-Parlament mehrere Stationen, bis es verabschiedet wird, ähnlich wie im Bundestag. Zunächst schlägt die EU-Kommission einen Gesetzesentwurf vor, der dem EU-Parlament und dem Rat der EU vorgelegt wird. Das EU-Parlament berät, schlägt Änderungen vor und bezieht Stellung zu dem Gesetzesentwurf (1. Lesung). Ist der Rat der EU damit nicht einverstanden, geht der Gesetzesentwurf zurück ins EU-Parlament (2. Lesung), dieses kann entweder die Änderungen übernehmen oder das Gesetz ablehnen. Nun bezieht die EU-Kommission Stellung zu dem Gesetzesentwurf. Ist auch der Rat der EU einverstanden, wird das Gesetz beschlossen. Andernfalls wird ein Vermittlungsausschuss eingesetzt, einigt sich dieser, wird das Gesetz in der 3. Lesung beschlossen. In der Praxis wird dieses Verfahren jedoch häufig verkürzt. Oft tagt bereits nach der 1. Lesung ein Vermittlungsausschuss, um das Gesetzgebungsverfahren zu beschleunigen.

Die erste direkte Wahl zum EU-Parlament durch die Bürgerinnen und Bürger fand 1979 statt. Die gewählten Abgeordneten schließen sich im EU-Parlament zu Fraktionen zusammen. Ein Kritikpunkt ist, dass in den einzelnen Mitgliedsstaaten Unterschiede beim Wahlrecht bestehen. Zwar gilt überall ein Verhältniswahlrecht, jedoch kommen unterschiedliche Sperrklauseln zur Anwendung. Jedes Mitgliedsland entsendet eine festgelegte Anzahl an Abgeordneten ins EU-Parlament. Diese folgt dem Grundsatz der "degressiven Proportionalität": Mitgliedsstaaten, die bevölkerungsmäßig kleiner sind, haben grundsätzlich weniger Abgeordnete als größere Länder, aber nicht so viele weniger, wie es proportional ihrer geringeren Bevölkerung entspräche. Ein Abgeordneter oder eine Abgeordnete aus einem bevölkerungsreicheren Mitgliedstaat vertritt also verhältnismäßig mehr Bürger als ein Abgeordneter aus einem bevölkerungsärmeren Land. Kleinere Länder sind somit vergleichsweise stärker im EU-Parlament vertreten.

Seit dem Austritt Großbritanniens aus der EU am 31.01.2020 fasst das EU-Parlament 705 Abgeordnete. Es hat seinen Hauptsitz in Straßburg.

Magdalena Anderlik und Kristina Schnabl

 


Verwendete Literatur

Monographien:

Bernlochner, Ludwig et al., Geschichte und Geschehen Band 4, Ernst Klett Schulbuchverlag, Leipzig 2007, S. 144 – 145.

Internetressourcen:

https://www.bpb.de/internationales/europa/europaeische-union/42988/wie-fing-das-an-mit-der-eu (letzter Zugriff: 08.06.2020)

https://www.bpb.de/internationales/europa/europaeische-union/43000/grafik-lissabonner-vertrag (letzter Zugriff: 08.06.2020)

https://www.bpb.de/izpb/183752/zur-geschichte-des-europaeischen-parlaments (letzter Zugriff: 08.06.2020)

https://www.bpb.de/izpb/287751/funktionsweisen-des-ep?p=all (letzter Zugriff: 08.06.2020)

https://www.europarl.europa.eu/about-parliament/de (letzter Zugriff: 08.06.2020)

https://www.europarl.europa.eu/about-parliament/de/powers-and-procedures (letzter Zugriff: 08.06.2020)

https://www.europarl.europa.eu/factsheets/de/sheet/11/das-europaische-parlament-geschichtlicher-hintergrund (letzter Zugriff: 08.06.2020)

https://www.europarl.europa.eu/news/de/headlines/eu-affairs/20180126STO94114/wie-viele-sitze-erhalten-die-mitgliedstaaten-jeweils-im-europaischen-parlament (letzter Zugriff: 08.06.2020)

https://www.geschichte-abitur.de/europaeische-union/europaeisches-parlament (letzter Zugriff: 08.06.2020)

Piepenschneider, Melanie, Das Europäische Parlament – Vom Beratungsorgan zum Mitgestalter, https://www.kas.de/wf/doc/kas_14154-544-1-30.pdf(letzter Zugriff: 19.06.2020)

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