„Multinationale Kooperation zur Friedenssicherung und Konfliktbewältigung und die Rolle der Bundeswehr“
„Ausgehend von möglichen Gefährdungen von Frieden und Sicherheit“, so heißt es im Lehrplan für die Jahrgangsstufe 12, „erhalten die Schüler einen Einblick in die Bedeutung von Friedenssicherung und lernen Grundlagen der Politik im internationalen Rahmen kennen. Sie [...] setzen sich anhand eines Beispiels mit multinationaler Kooperation zur Konfliktbewältigung auseinander [...] und gehen auf die Rolle der Bundeswehr bei Friedensmissionen ein.“
Die Fachschaft Sozialkunde freut sich, dass sie bei der Vermittlung dieser brandaktuellen Thematik von Dr. Christian Hartmann als einschlägigem Experten unterstützt wurde. Herr Dr. Hartmann, lange Jahre Historiker am Institut für Zeitgeschichte in München und zuletzt Leiter der Abteilung Einsatz am Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr in Potsdam, berichtete am 17.01.2024 an unserer Schule von Friedensicherung und Konfliktbewältigung aus wissenschaftlicher, aber auch aus praktischer Perspektive, war er doch 2016/2017 als Offizier der Reserve Teilnehmer der EU-Trainingsmission in Mali.
Friedenssicherung und Konfliktbewältigung durch Organisationen wie die UN oder auch die EU oder die NATO, sind sie wenig erfolgreich, wie es zuletzt mit Blick auf die Bundeswehreinsätze in Mali und in Afghanistan schien?
Hartmann schlug als Historiker den Bogen in die 1990er Jahre und analysierte insbesondere den gewaltsamen ethnischen Konflikt in Bosnien nach dem Zerfall Jugoslawiens und seine internationale Lösung im Abkommen von Dayton, welchem als Einsätze zur Friedenserzwingung verschiedene NATO-Operationen, unter anderem zur Durchsetzung der UN-Flugverbotszone in Bosnien, vorausgingen. Nach dem Abkommen im Dezember 1995 konnten IFOR und später SFOR ihre Arbeit als Friedenstruppen der UN aufnehmen. Die Beilegung dieses Konflikts gilt als unzweifelhafter Erfolg der internationalen Gemeinschaft.
Des Weiteren erklärte Hartmann im Detail, an welcher Vielfalt von Einsätzen sich die Bundeswehr im Rahmen der kollektiven Friedenssicherung beteiligt, von humanitären Einsätzen über Ausbildungsmissionen wie in Afghanistan und zuletzt in Mali bis hin zu UN-Beobachtermissionen, die unter anderem dazu beitragen, dass sich die Augen der Weltöffentlichkeit wieder auf sonst ausgeblendete Konflikte richten.
Gerade nach der Erfahrung in Mali, wo eine Unterstützung durch EU und UN bei der Gewährleistung von Sicherheit im Land von der dortigen Militärregierung zuletzt nicht mehr erwünscht war, oder in Afghanistan, wo die Taliban inzwischen wieder an der Macht sind, mag man sich trotzdem die Sinnfrage stellen: „Was bringt es, dass wir unsere Soldatinnen und Soldaten dort hinschicken, sie Gefahren aussetzen, sehr viel Geld aufwenden?“ Nach Hartmanns Einschätzung war der Einsatz der internationalen Gemeinschaft gerade in Afghanistan nicht umsonst. 20 Jahre Aufbauarbeit hätten, was Wirtschaft, Bildung und die Lage der Bevölkerung insgesamt angehe, Spuren hinterlassen; dies werde deutlich, wenn man die jetzige Situation mit der in den 1980er und 1990er-Jahren vergleiche. Er plädierte vor den jungen Erwachsenen eindringlich für den Blick über den nationalen Tellerrand, für das Übernehmen von Verantwortung in der Welt und fürs „Dranbleiben“.
Judith Götz für die Sozialkundelehrkräfte der Q12